Offene Augen auf dem DOKfest-Online-Sofa

Auch in 2021 müssen DOKfest-Fans und solche, die es werden wollen, auf spannende Begegnungen mit Dokumentarfilmern und das Kino-Erlebnis verzichten.

Also Freunde aus einem anderen Haushalt einladen, Catering und Getränke bereitstellen, Sofakissen am Rücken platzieren und gemütlich die Eröffnung am 5. Mai „Hinter den Schlagzeilen“ beim DOKfest@home erleben, wie Regisseur Daniel Sager die investigativen Journalisten der SZ auf ihren brisanten Recherchen gegleitet. Dramaturgisch nicht immer spannend, aber interessant, wie schwierig es für die SZ-Journalisten ist, Geschichten wie die Strache-Ibiza-Affaire juristisch korrekt zu veröffentlichen.

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allein unter Männern beim Investigativ-Journalismus Foto:DOKfest

Erheblich gefählicher ist die journalistische Arbeit der Dalit-Frauen, die einer unteren Kaste Indiens angehören und die Zeitschrift „Khabar Lahariya“ herausgeben. „Wir sind die Stimme der Demokratie“ sagt die Chefredakteurin Meera in „Writing with fire“ von der Regisseurin Rintu Thomas. Mutig fragen sie die Polizei, wenn Vergewaltigungen von Frauen ignoriert werden, bombadieren bei Wahlen die Kandidaten mit kritischen Fragen und decken die Minen-Mafia auf. Als sie auf ihrem YouTube Kanal die digitalen Medien mit 150 Millionen Followern erobern, werden innerhalb weniger Wochen Vergewaltiger angezeigt, Dörfer haben fließend Wasser, die Minen-Mafia wird untersucht und viele weitere unglaubliche Verbesserungen folgen. Anschauen!

Die Zerstörung des Regenwaldes durch Palmöl-Plantagen ist hinlänglich bekannt, aber eine Holz-Mafia, die illegal in Naturschutzgebieten Holz fällt und verkauft? Der Ururgroßneffe vom Kanzler von Bismarck, Alexander, weiß, wie er durch Verkleidung und entsprechendes Auftreten als Großunternehmer der schwer durchschaubaren Holzmafia Interesse vorheucheln kann und sie aus der Reserve lockt. In „Wood, der geraubte Wald“ zeigt der EIA-Chef einer investigativen Umweltorganisation, wie er die Verstrickungen des Österreichischen Milliarden-Konzerns Schweighofer aufdeckt und von einem Vertreter der Firma in einem Wiener Café umgarnt wird, was er souverän abbügelt. Hat Klasse!

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Männer oben, Frauen unten, so sehen die Namen der Hochs und Tiefs auf den Wetterkarten aus. Das will Marlies Krämer, 80 Jahre alt und jung im Kopf, genauso wenig  hinnehmen wie auf der Sparkasse „Kunde“ statt Kundin gemannt zu werden und geht vor Gericht. Sie ist keine Frauenrechtlerin, sondern Feministin, sagt sie in dem sehr unterhaltsamen Film „Die Kundin„. Sie protestiert :  Wir wollen die Hälfte der bezahlten Arbeit und Macht! Wir geben dafür: die Hälfte der unbezahlten Hausarbeit! 6 Jahre hatte sie keinen Ausweis, weil sie nicht als „Passinhaber“ unterschreiben wollte. Weiter so!

Das DOK.fest München 2021 @home widmet der großen tschechischen Filmemacherin Helena Třeštíková eine Hommage. Zugleich läuft ihr neuester Film ANNY im Hauptwettbewerb DOK.international – und wurde von der Jury zum besten Film gewählt.

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Gibt es „richtige“ Mädchen? Zwei charismatische Trans*Schwestern wollen in ZUHURS TÖCHTER aus Syrien von anderen so wahrgenommen werden und ringen um die Normalität ihres Daseins. Der Film von Laurentia Genske und Robin Humboldt wurde mit dem  VIKTOR DOK.deutsch ausgezeichnet. THINGS WE DARE NOT DO von Bruno Santamaría erzählt von Arthur aus der Mexikanischen Provinz, dessen größten Traum es ist, sich als Frau kleiden zu dürfen. Das Plädoyer für Akzeptanz und Liebe wurde mit dem VIKTOR DOK.horizonte honoriert.

131 Filme aus 43 Ländern warten bis zum 23. Mai 2021 auf ihre Zuschauer, Spannung und Entdeckungen aus aller Herren Ländern vorprogrammiert.

Alle Infos bietet die Webseite des DOKfest@home.

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