Von Kovalam, Kerala nach Madurai und Trichy in Tamil Nadu.
Schnee, Eis und Regen verjagen mich regelmäßig im Winter in wärmere Gefilde. Nachdem ich ein dreiviertel Jahr an meinem Tennisarm laboriert hatte und mein Arzt mit Operation drohte, da sämtliche teuren Therapien nichts halfen, beschloß ich stattdessen, Edith aus Aachen in ihrem Haus in Kerala, Indien zu besuchen.
Im Paralleluniversum Indien bei angenehmen 28 Grad empfahl sie mir einen Ayurveda Arzt, der mich eine Woche mit ayurvedischer Medizin versorgte und durchmassierte. War es die Wärme oder Ayurveda, wundersamerweise waren die Schmerzen fast wie weggeblasen! Mein Arzt empfahl mir, hierzubleiben. Das macht Edith immer mehrere Monate im Jahr und sie ist nicht die einzige.
Der Strand, gesäumt von Restaurants und Souvenir-Shops, wurde leider auch von respektlos-angezogenen Touristen bevölkert, für jeden Ästheten ein Horror. Aus zu kurzen Hosen, Décolltées oder Röcken quoll das Fett heraus. Dagegen waren die Inder immer tiptop und meistens ihrer Tradition entsprechend gekleidet.
Da half nur, sich in die Wellen zu stürzen oder zu surfen!
Meine Gastgeberin war hier bekannt wie ein bunter Hund und es verging kaum ein Tag ohne Besuch von Dorfbewohnern. Wunderbar, Indien mal von der anderen Seite kennenzulernen! Inderinnen waren selbstverständlich nicht dabei, sie haben das Haus zu hüten.
Am tollsten waren Edith‘ s nicht endenwollende Stories aus ihrem bewegten Leben, kaum etwas, das sie noch nicht ausprobiert hatte. 1968 wurde sie, damals noch Edith Baumann, von einem Segelyachtkonstuckteur für die Einhand-Atlantikregatta von Plymouth nach Newport engagiert. Er erhoffte sich davon Publicity, da sie die einzige und erste Frau wäre. In der Bretagne lernte sie ein Jahr lang Segeln und Navigieren.
Beim Singlehanded Tranatlantic-Race geriet sie wie viele andere Segler vor den Azoren in einen Hurrican. 11 von 37 Booten kamen in Newport an, sie musste das Boot im Atlantik lassen und wurde von 400 Franzosen eines Flugzeugträgers gerettet. Nur mit ihrer Handtasche bewaffnet wurde sie von französischen Zoll aufgehalten. Diese wunderten sich über die Kondome, ihre Antwort: „sailors have a girl in every port, i have a boy in every port“.
Als erste Frau bei dieser Regatta machte sie weltweit Aufsehen. Das Buch über dieses Abenteuer „Seule 25 jours contre l ‚ Antlantique“ bei Flammarion gibt‘ s auf Italienisch und Französisch. Sie engagierte eine PR-Agenur und verdiente genug, um die ganze Welt zu bereisen.
Trotz ihrer aufregenden Abenteuer-Geschichten wollte ich Madurai, einen Pilgerort in der Nachbarprovinz Tamil Nadu erkunden, obwohl angeblich jetzt die Partysaison in Kovalam beginnen soll. Da das letzte Restaurant hier bereits auch mit Bestechung um 24 Uhr schloß, geht‘ s dann manchmal bei Edith´ s weiter.
In meinem Hotel in Madurai, Tamil Nadu, stellte sich die Dachterrasse als Geheimtip in Travellerkreisen heraus, es war schattig, den Stuhl nahm man sich aus dem Zimmer mit, um dem Verkehr mit Radlern, Kühen, hupenden Autos, Bussen und Motorrädern in den engen Strassen zu entkommen.
Stattdessen hatten wir einen wunderbaren Blick auf die Tempel.
Einen ruhigen Platz in Indien zu finden ist Gold wert. Vielleicht haben die Inder deshalb eine so geringe Toleranzgrenze und werden schnell agressiv, weil sie den Lärm gar nicht wahrnehmen, die Auswirkungen aber sehr wohl da sind?
In Trichy, berühmt für den grössten Tempel in Südindien, fand ich zwar ein günstiges, sauberes Zimmer, der Busbahnhof in der Nähe sorgte für genügend Geräuschpegel, um nicht zu sehr zu entspannen.
Im Einheimischen Restaurant nebenan wurde man mit Trillerpfeife bergüßt, ich aß hervorragend, aber die Busse und Gäste sorgten dafür für einen kurzen Aufenthalt.
Mit dem Bus ließ sich die weitläufige Tempelanlage von Trichy gut erreichen. Den Eingang säumten unzählige Souvernirshops. Hier gab es wie in fast allen Tempeln Trinkwasser und ab jetzt füllte ich meine Flasche immer auf, Plastik lag bereits genügend herum. Ausländische Touristen waren rar, so wurde ich immer wieder freundlich angesprochen und gebeten, Fotos zu machen.
Auf der Strasse lockten mich unbekannte Köstlichkeiten, die es zuprobieren gilt, hier die heiße süß-gewürzte Bombay-Milch.
Das Rock Fort soll auf einem der ältesten Felsen der Welt stehen, von dem ich die herrliche Aussicht genoß, als ich von netten jungen Tamilen umringt wurde, die unbedingt mit mir fotografiert werden wollten. Einer schaffte es tatsächlich, ein Foto zu schiessen.
Am Abend wurde ich von einem Inder auf Französisch angesprochen, er lud mich ein, ihn und seine Studenten doch am nächsten Morgen zu besuchen. Die Hotelangestellten mussten sich nachts nebenan so laut unterhalten, dass ich am nächsten Morgen verschlief. Diese verstanden gar nicht, was ich wollte, als ich sie bat, etwas leiser zu sein, sondern fragten: “ do you need a new sheet or do you have insects?“