Mein Zwangsaufenthalt in Singapur: Sauna oder Eisschrank

An der Malayischen Grenze zu Singapur, 23 Uhr: der junge Beamte schüttelte den Kopf, als er meinen Pass sah, der sei nur noch 5 Monate und 27 Tage gültig, da könne ich nicht einreisen, er muss noch mindestens 6 Monate gültig sein. Ein Riesenschreck durchfuhr mich! Ist Fortuna auf psycholgischem Kriegspfad mit mir? Ende Januar wollte ich schon nach Malaysia fliegen, was mir wegen fehlendem Rückflugticket verweigert wurde. So verspätete sich meine Weiterreise und vor lauter Ärger vergaß ich mein Pass-Ablaufdatum. Der Vorgesetzte hatte Verständnis, verpasste mir einen Einreisestempel und organisierte mir eine Mitfahrgelegenheit mit dem nächsten Bus.

Lässig hatte ich geglaubt, wegen der paar Tage könnte ich trotzdem nach Indonesien einreisen, Pustekuchen! Nicht mal ein Fährticket wollte man mir verkaufen! In der Deutschen Botschaft dauerte der vorläufige Reisepass nur einen Tag, in die Indonesische Botschaft durfte ich nicht mit Sandalen einlaufen, nur geschlossene Schuhe und natürlich Knie- und Arm-bedeckende Kleidung sind genehm. Rückflug- und Fährticket waren nötig, so verzögerte sich der Visum-Antrag und ich durfte quälend lange in der teuersten Stadt Südostasiens auf mein Indonesiesches Einreise-Visa hoffen.

Das Klima in Singapur gleicht einer Sauna, abgekühlt fror ich in eisgekühlten Innenräumen, Bussen und U-Bahnen, um anschließend wieder in Schweiß auszubrechen, kaum das ich draußen war. Dass da keiner einen Schnupfen bekommt, gleicht einem Wunder! Vor dem Corona-Virus wird überall gewarnt, automatisch misst ein Gerät in jedem öffentlichen Gebäude die Temperatur, Stoff-Masken werden auf den Märkten verscherbelt.

Die angeblich so „grüne“ Stadt bietet klimatisierten Autos sechs- bis zehn!-spurige, mit Bäumen gesäumte Highways, jedes Haus ist vollklimatisiert, die Betonwände tun ein Übriges, um die von den Airconditions abgegebene Hitze zu vervielfachen.

Zur Ablenkung besichtigte ich das berühmteste Hotel Singapurs, Marina Bay Sands mit seinen drei Türmen, über denen sich ein „Schiff“ biegt. Die Aussicht war fantastisch, am nur für Gäste zugänglichen Pool wird instagrammt, was der Akku hergibt, schwimmen ist für Gestrige. Zwei versteckte Brücken brachten mich zu den traumhaften Gardens of the Bay, wo ich die Malayischen, Indischen, Muslimischen und Gewürz-Gärten erwanderte.

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Um 19:45 positionierten sich die  Menschen auf dem Rasen oder aufgeheizten Steinbänken mit ihren Handy, während ich einen kühlen Steinsitzplatz ergatterte. Als die Oper „Carmen“, untermalt von der passenden Lightshow, ertönte,  fiel augenblicklich meine Anspannung ab. Mit „Turandot“ endete dieser herrliche Abend und jeder folgende auch!

Auf dem Rückweg unter einer Brücke ertönte sanfte Musik, während große Luftbälle ein wundervolles  Farbenspiel veranstalten. Durch Bewegung ändern sich die Farben, die die Verbindungen der Menschen zueinander in der #futuretogether-Kunstinstallation symbolisieren sollen. Die Selfie-Instagrammer interessierte das wenig.

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Die Sauna-Hitze war schwer erträglich, also flüchtete ich in die absolut sehenswerte National Gallery mit seiner zeitgenössischen und historischen Kunst und machte geführte Rundgänge mit, um mehr über die Geschichte Singapurs zu erfahren. Unglaublich, wie idyllisch Singapur früher aussah, weniger gemütlich, daß früher Tiger die Arbeiter auffraßen!

Singapur River 1923, von Lin Tze Pen, die Idylle täuscht…

Gemütlichkeit ist nicht die herausragende Qualität Singapurs, die Suche nach einem halbwegs netten Café, in dem weder ohrenbetäubender Lärm herrschte noch die Klimaanlage auf Einfrieren gestellt war, brachte mich schier zur Verzweiflung! Akustisch sind alle Restaurants, Cafés und Gebäude eine Katastrophe für Ruhesuchende!

Erholung pur im Fort Canning Park

Zufällig stieß ich auf den Fort Canning Park, der sich als eine Oase entpuppte, mit dem Nebeneffekt, etwas über die Geschichte und Gewürze zu lernen. Statt nach einem ruhigen Café zu suchen, besuchte ich jeden Tag einen anderen Park.

merkwürdige Baumformationen im Botanischen Garten

Wunderschön mit seinem Lehrpfad über die Evolution war der Botanische Garten samt seiner Orchideen-Abteilung. Interessant, wem alles eine Orchidee gewidmet wurde, die von Angela Merkel hatte bescheidene kleine Blüten. Die nach dem Nordkoreanischen Diktator benannte Orchidee, der mit Donald Trump in Singapur ein Friedensabkommen unterschrieb, weigerte sich zu blühen.

dieses Pärchen hat sich gefunden

Vom Mc Ritchie Reservoir kommt das Trinkwasser Singapurs und es bietet eine wunderbare Gelegenheit, im Primär- Dschungel um den See zu wandern. Nichts wie hin, dachte ich mir. Endlich im Grünen genoss ich die Ruhe, sobald ich vor lärmenden Schulklassen fliehen konnte.

Nach 14 Tagen Zwangsaufenthalt durfte ich endlich nach Indonesien einreisen, aber das ist eine andere Geschichte…Fortsetzung folgt

Umwelttips:

Leitungswasser läßt sich problemlos trinken, zum Einkaufen immer selberTüten mitnehmen, Plastik-Vermeidung ist unbekannt! In Restaurants essen, die kein Plastikgeschirr benutzen

Tips für Singapur:

Geld abheben: die Citibank verlangt am wenigsten Gebühren!

die bunten Wandmalereien in der Arabstreet bewundern

Museen eigenen sich perfekt zum Entspannen, nicht vergessen, einen Sarong oder Schal gegen eisige Aircondition mit zu bringen. In der National Gallery die Gratis-Führungen mitmachen

Unterkünfte: für den Luxus-Liebenden muss es nicht das Marina Bay Sands sein, das Mandarin Oriental hat Zimmer mit toller Aussicht und eine viel schönere Poollandschaft mit angemehmer Meeresbrise, als Mittelkllasse-Hotels sind die Clover-Hotels mit schönen Zimmern eine Alternative, für den Budget-Reisenden ist das 7Wonders Hostel mit seinen Capsule-Dorms mit Vorhang in Little India ganz gut

das einzige, erträglliche Café mit Blick auf das Gardens by the Sands inklusive Internet fand ich in der National Gallery

Vegetarisches Essen gibt´s in Little India für Lärm-Resistente drinnen und draußen oder in den Green dot Restaurants in den Untergeschossen von Shopping Malls

Alle Gärten by the Bay intensiv besichtigen und die abendliche Show nicht verpassen!

Alexandra Ridges, Singapur
Wandern bei den Alexandra Ridges

Zu Singapur gehören leicht zu erreichende Nationalparks, um der abgasschwangeren Hitze ein wenig zu entfliehen und zu wandern. Einen Sonnen- bzw. Regenschirm mitnehmen; Wasserflaschen kann man gelegentlich auffüllen

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