454 Kilometer von Basel bis Digoine
In Basel mit dem Flixbus eingetroffen, hatte ich mich auf der Rheinpromnade verfranzt und rief einem Paketauslieferer mit Radanhänger, in München Lastenradvati geschimpft, zu, ob er den Weg wüßte. Er hielt sofort an und erklärte mir genau, wie ich zum Euro Velo 6 komme. Er wurde höflich gefragt, ob er seinen Anhänger beiseite fahren könnte, er blockiere den Weg. Eine denkbar ungewohnte Reaktion für mich, die ganz andere Töne vom agressiven Verkehrsaufkommen Münchens gewohnt ist. Auf der gesamten Etappe genoss ich nur entspannte Radler und wenn es über Straßen ging, rücksichtsvolle Autofahrer.
Mülhausen im Elsass, präsentierte sich noch fahrradfreundlicher mit unzähligen, markierten Radwegen fast ohne die dazugehörigen Radler. Das mit einem ausgedehnten Karsthöhlensystem ausgestattete Baumes des Dames bekam seinen Namen von dem keltischen Wort „Balma“, was Höhle bedeutet und den hochadeligen Stiftsdamen, die im 4. Jahrhundert eine große Autorität über die Stadt ausübten. Auf dem Radweg dahin musste ich an einem antik-aussehenden Pferdefuhrwerk vorbei, dem 3 Menschen vorangingen, die gefilmt und interviewed wurden. Im Ort erfuhr ich von einem Konzert in der Kirche und wen sah ich dort? Keine Pferde, aber die Musiker, die erzählten, dass sie im „Pferderythmus“ von Ort zu Ort wandern und dort Konzerte vom größten Cembalo-Repräsentanten der französischen Schule, Jean-Philippe Rameau geben.
Die Sonne brannte erbarmungslos auf dem Radweg im Grünen immer am Rhein-Rhone Kanal entlang, wo das Baden verboten war und durch Eisenplatten und extra hohe Brennesselbüschel an der Böschung erschwert wurde. Neben einer Holzplattform entdeckte ich ein Mädchen beim Baden und fragte sie, wie sie denn wieder herauskommen will. Eine Leiter war nicht vorhanden, sondern Klampen zum Schiffe befesigen. Etwas weiter war die Böschung nicht so hoch wie sonst, sie kletterte hinauf, ich sprang herein und genoss die Erfrischung. Beim Herauskrabbeln musste ich mich an einem Brennesselbüschel hochziehen, bei dem Mädchen, eine Deutsche Radlerin, bildeten sich sogleich Pusteln.
In Viktor Hugos Geburtsort Bésancon konnte ich nicht nur das ihm gewidmete Museum, sondern im Musée du Temps „La Leroy 1“, die komplizierteste Uhr der Welt bewundern, die unter anderem den Sternenhimmel von Paris und die Zeit von 125 Ländern anzeigen kann und erfuhr, dass die Realisation vor 85! Jahren 7 Jahre dauerte. Wie die Welt sich dreht, konnte ich am 13 Meter hohen Foucault-Pendel auf dem Turm des Museums erleben, was dieser 1851 im Pantheon von Paris bewies.
Nach einer langen 95 Kilometer-Etappe erreichte ich schweißtriefend um 16 Uhr mein Hotel auf einem Hügel, um an der Tür zu lesen, dass der Check-in erst ab 18 Uhr möglich oder man die angeschriebene Telefonnummer anrufen soll. Das tat ich und die Stimme am Anrufbeantworter ratterte derartig schnell auf Französisch eine andere Nummer herunter, dass ich beim 3. Versuch aufgab. Die meisten Geschäfte und Restaurants im August waren geschlossen, aber nebenan hatte der Weinhändler offen, der die richtige Nummer anrief und die Hotelbetreiberin erklärte mir, mit welchem Code ich hereinkam.
Chateau de Digoine in der Bourgogne mit seinem riesigen Park und exotischem Garten war erste Schloss auf meiner Route. Es ist mit exquisitem Mobiliar aus dem 18. und 19. Jahrhundert ausgestattet, ein Modell des Schlosses wurde aus München dazugekauft. Nebenan steht ein kleines Theater, in dem Sarah Bernhardt und Jacques Offenbach auf der Bühne standen. Es ist bildschön renoviert und der Besitzer, der alleine die Erste Etage bewohnt, hofft, das es bald zum Leben erweckt werden darf. Momentan wird die TV-Show „Secrets d `Histoire“ von Stephane Bern im Schloss von ihm produziert.
Tipps:
der Euro Velo 6 ist sehr gut beschriftet, aufpassen, da es sehr kleine, leicht zu übersehende Schilder sind; auf der France Tourisme Webseite sind die Etappen samt Kilometer-Anzeige genau beschrieben
meistens übernachtete ich in sehr guten Airbnbs, Ibis Hotels sind auch gut, am unkompliziertesten wäre ein Zelt, da es nicht überall Unterkünfte gibt oder Warmshowers, wenn du gleichgesinnte Radler kennenlernen und bei ihnen kostenlos übernachten willst, immer nachfragen, wann du einchecken kannst und wenn vorhanden, rechtzeitig nach dem Code und der genauen Adresse fragen, Bettbezug und Taschenlampe mitbringen kann nützlich sein
viele Orte waren im August menschenleer, Geschäfte und Restaurants geschlossen, daher rechtzeitig mit Proviant eindecken
die Offices de Tourisme haben alle Infos zu den Sehenswürdigkeiten, viele Orte haben ein interessantes historisches Zentrum, dass sich für einen Spaziergang lohnt
Bésancon: Unbedingt das historische Zentrum, das Viktor Hugo- und Musée du Temps besichtige, im Restaurant „L´Alsace“ aß ich hervorragenden Flammkuchen mit Blick auf das Flussufer