
Der fuĂballaffine CinĂ©ast muĂte tapfer sein auf dem diesjĂ€hrigen Filmfest MĂŒnchen. Parallelen zwischen Film und FuĂball gibt es genug, die Dramaturgie muĂ stimmen, sonst langweilt sich der Zuschauer!  Bisher zeigte die WM in Brasilien Herzattacken-verdĂ€chtiges Dramapotential, da mĂŒssen die Filme erstmal mithalten.
Regisseur Jean-Pierre Jeunet eröffnete das Filmfest mit seinem Film „Die Karte meiner TrĂ€ume“. Mit dem Vater, einem SpĂ€t-Cowboy, der Insekten- verrrĂŒckten Mutter, herrlich skurril gespielt von Helena Bonham-Carter und seiner Schwester, die von Schönheits-Wettbewerben trĂ€umt, lebt der hochbegabte, zehnjĂ€hrige T.S. Spivet auf einer abgelegenen Farm in Montana. Wissenschaftliche Experimente gehören zu seiner Leidenschaft. Als er plötzlich nach Washington zum Smithsonian Institut eingeladen wird, um einen Preis fĂŒr seine Erfindung zu erhalten, begibt er sich heimlich per Zug auf eine abenteuerliche Reise. G.H. Gibson vom Smithsonian, gierig gespielt von Judy Davis, wittert sogleich enorme Publicity, als sie erfĂ€hrt, daĂ der PreistrĂ€ger noch so jung ist.  Da hat sie aber nicht mit seiner Familie gerechnet! Ein wunderbarer Film zum TrĂ€umen.
Beim anschlieĂenden Eröffnungs-Empfang

fehlten weder Jean-Pierre Jeunet noch seine Entdeckung Kyle Catlett, um mit der fast vollstÀndig versammelten Filmbranche open air zu feiern, als die Decke des Festsaals im Bayerischen Hof sich wie durch ein Wunder öffnete.
Am nĂ€chsten Tag ging der Party-Marathon weiter mit dem Sommerfest der Agenturen zum Brunch im HÂŽugos. Abends lud die Ufa Fiction in die Reitschule zum Networking, wĂ€hrend auf der Praterinsel schon beim DirectorÂŽs Cut das Tanzbein geschwungen wurde. Zwei Tage spĂ€ter bei „Movie meets Media“ im P1 war WM- vorgesorgt, die gutgelaunten GĂ€ste fieberten und zitterten bei Deutschland gegen Algerien mit und stĂŒrmten anschlieĂend die TanzflĂ€che. So versĂ€umten sie das jetzt schon legendĂ€re Interview mit Mertesacker.
Auch bei dem auf 158 Filme erschlankten Programm fiel die Auswahl schwer. âGergiev: a certain madnessâ dokumentiert die Konzert-Reise vom wegen seiner NĂ€he zu Putin umstrittenen, zukĂŒnftigen Dirigenten der MĂŒnchner Philharmoniker Gergiev, durch die Russische Provinz mit der Transsibirischen Eisenbahn. SchweiĂ strömt von seinem Gesicht, wenn er ganz mit der Musik versunken, dirigiert. Einer seiner Freunde erzĂ€hlt, bei ihm ginge es in der Musik um Leben und Tod. Ein Faszinierendes Portrait des Musik-Beserkers.
Udo Kier freute sich so sehr als ĂŒber seinen Cine Merit Award, daĂ er bis morgens um vier im Bayerischen Hof feierte.

Unter anderen stellte er auch seinen Film „Tod eines Weltstars“ von Christoph Schlingensief vor, eine komplett-durchgeknallte Satire auf den Starruhm, der umso gröĂer wird, wenn der Protagonist tot ist oder so tut. Die schwindelerregende Kamera gleicht einer Achterbahnfahrt, nur unschĂ€rfer.
Unterhaltsamer waren Udo Kier `s Anekdoten. WĂ€hrend der Berlinale besuchte er die ĂŒbervolle Paris Bar, in der sich tous le monde der Filmbranche trifft und entdeckte Schlingensief mit der damals jungen Tilda Swinton. Er wollte sich zu ihnen gesellen, da der LĂ€rmpegel alles ĂŒbertönte, unterhielten sie sich zu dritt unter dem Tisch weiter.
Im Special Sreening wurde das SpĂ€twerk von Meisterregisseur Billy Wilder „Fedora“

gezeigt, eine dĂŒstere Parabel auf den Preis des Ruhms und was mancher dafĂŒr opfern wĂŒrde. Marthe Keller spielt die Fedora und William Holden einen Filmproduzenten, der sie fĂŒr seinen Film engagieren möchte. UnwillkĂŒrlich erinnert er an WilderÂŽs Meisterwerk „Sunset Boulevard“ ĂŒber verblaĂten Starruhm mit Goria Swanson als Leinwand-Legende und William Holden als armen Schriftsteller, der bei ihr einzieht.
In „Swan Song:the Story of Billy WilderÂŽs Fedora“ zeigt Regisseur Robert Fischer, wieviel Schwierigkeiten Wilder hatte, den Film, der in den Bavaria Film Studios gedreht wurde, zu produzieren.
Sehr amĂŒsant erzĂ€hlt Regisseur Jan Martin Scharf in âDessau

Dancersâ von Jugentlichen1985 in Dessau, die den Breakdance fĂŒr sich entdecken. In der Ăffentlichkeit! Das paĂt den Apparatschicks gar nicht und sie versuchen mit allen Mitteln, sie zum organisierten âSchautanzâ mit allen Vorteilen zu bewegen. Dann können sie nicht mehr verhaftet werden. Da mĂŒssen grundlegende Enscheidungen getroffen werden. Eine interessante Studie ĂŒber Freiheit und ihren Preis!
Apropos Preise, diese wurden zahlreich vergeben auf dem Filmfest MĂŒnchen. Den Förderpreis Deutsches Kino Regie gewann âShoppenâ Regisseur Ralf Westhoff fĂŒr âWir sind die Neuenâ,

eine schrĂ€ge Komödie ĂŒber die Ex- und wieder WG-Bewohner Heiner Lauterbach, Gisela Schneeberger und Michael Wittenborn und ihre spieĂigen, jungen Nachbarn, die ob des WG LĂ€rms nebenan verzweifeln, da der PrĂŒfungsstress sie fertigmacht. AmĂŒsant und ĂŒberrraschend entwickelt sich die Geschichte anders als man denkt.
Den Publikumspreis gewann die gesellschaftskritisch-politische Komödie âEin Geschenk der Götterâ vom MĂŒnchner Oliver Haffner. Eine arbeitslose Schauspielerin muĂ zur Selbsterfahrung einen Theaterworkshop fĂŒr 10 ebenfalls Arbeitslose geben und studiert, begleitet von viel Chaos, âAntigoneâ mit ihnen ein. Der Produzent Ingo Fliess wurde mit dem Förderpreis Deutscher Film ausgezeichnet.
FĂŒr seinen bewegenden Film „Das Salz der Erde“ erhielt Wim Wenders den One Future Preis. Er portrĂ€tiert sensibel den Brasilianischen Fotojournalisten Sebastiao Salgado, der fĂŒr seine Projekte die Brennpunkte der Welt bereiste, das unvorstellbare Elend in der Sahelzone oder den Genozid in Ruanda dokumentierte, bis er davon krank wurde, sich auf die noch verbliebene Schönheit der Erde konzentrierte und sein „Tribute-to-the-Earth-Project “ Genesis grĂŒndete. Auf der Brasilianischen Ranch der Familie wird der zerstörte Regenwald nach un nach wieder aufgeforstet. Film- oder FuĂballfieber, keine Frage auf dem Filmfest MĂŒnchen 2014 weiterlesen