Von „Normalität“ ist nicht nur das diesjährige Filmfest München weit entfernt. An´s Maskentragen im Kino, kann und will ich mich nicht gewöhnen. Nö, um es mit dem Filmtitel vom neuen Brüggemann-Film zu sagen, so viel Abstand wie möglich zu halten, statt sich zu auszutauschen und zusammen zu feiern, das fehlt sehr!
So verlegte ich mein Filme-Gucken hauptsächlich in´s Freie, sieben Open-Air Kinos luden dazu ein. Anscheinend waren die Verhandlungen mit Petrus nicht erfolgreich, denn schon bei der Eröffnung mit dem lang ersehnten „Kaiserschmarrndrama“ in den ausverkauften Open-Air Kinos schüttete es dramatisch.
Bei der Premiere von „Generation Beziehungsunfähig“ von Regisseurin Helene Hufnagel im Open-Air Kino, Mond und Sterne fing es nach 2/3 des Films so plötzlich an zu gießen, dass ich es gerade noch schaffte, meinen Regenumhang irgendwie über zu werfen. Im Film wirkte der Karnickel-Sex der Tinder-Bekanntschaften Frederick Lau und Luise Heyer wie von Freud beschrieben als jucken, welches befriedigt wurde. Spaß oder gar Genuss? Fehlanzeige. Neu war die Geschichte samt vorhersehbarem „Happy End?“ auch nicht. Das Nass-Werden beim Radeln durch den zur Pool-Landschaft mutierten Westpark hatte sich nicht gelohnt.
Ja, sage ich zum Film „Nö“ von Anna und Dietrich Brüggemann. In surrealen Episoden erzählen sie vom „normalen“ Leben eines Liebes?-Paares, bei dem sich am Anfang des Filmes der Mann trennen will. Sie sagt Nö, so geht ihre Geschichte sieben Jahre weiter. Absurde Situationen wie die Trennung von VIPs und VIP-VIPs durch Stacheldraht oder das lässige Beziehungsgespräch während einer Op am offenen Bauch von Patient und Chirurg kommen am 30.09.21 in die Kinos. Anschauen!
„Tides„, zu Deutsch Gezeiten, hatte seine Premiere auch im Westpark-Kino. Eine kleine Raumkapsel kracht auf flaches Wasser im Watt. Astronautin Blake überlebt, sie sollte herausfinden, ob auf der vor langer Zeit unbewohnbar gewordene Erde zukünftiges Leben wieder möglich ist. Die Menschen der herrschenden Elite, Jeff Bezos, Eon Musk und Richard Branson?, hatten sich auf einem anderen Planeten geflüchtet, der sie unfruchtbar machte. Blake trifft auf Überlebende, die sie nicht willkommen heißen und Übriggebliebene einer früheren Mission. Wem kann sie vertrauen? Es bleibt spannend bis zur letzten Sekunde, Fridays for Future läßt grüßen! Bei der Vorstellung der Filmcrew durch Regisseur Tim Fehlbaum fing es an, zu tröpfeln, später setzte die passende Flut ein. Am 26.08.21 unbedingt im Kino anschauen!
Die rosa Wolke ist so tödlich wie sie harmlos aussieht, Pech für Giovana, die gerade ein One Night-Stand mit Yago hatte. Die Giftwolke will nicht weichen und beide müssen sich zwangsläufig arrangieren. Er sieht das „Positive“: es gibt keine Unfalltote und Kriminalität; Entschleunigung ist angesagt. Freiheit ist eher unwichtig? Das kommt uns allen fatal Pandemie-bekannt vor, dabei hat Regisseurin Iuli Gerbase das Drehbuch zu „A nuvem Rosa-The Pink Cloud“ 2017 geschrieben und den Film 2019 gedreht. Empfehlenswerter Horror für Freiheitsliebende, der den One-Future-Preis gewann!
Lars Eidinger spielt in Nahschuss von Regisseurin Franziska Stünkel intensiv mit vollem Körpereinsatz den Ingenieur Franz Walter, der in der DDR einen vermeintlich attraktiven Job beim Auslandsnachrichtendienst inklusiv einer schönen Wohnung annimmt. Er ahnt nicht, dass die Aufträge immer unmenschlicher und manipulativer werden, aber aus dem Dienst aussteigen ist gefährlich. Dieses atemlose Kammerspiel nach einer wahren, aber kaum bekannten Geschichte, zeigt die Erbarmungslosigleit der ehemalige DDR. Bei Filmbeginn der Premiere hörte der Regen auf, magisch! Franziska Stünkel, gewann den Förderpreis Neuen Deutsches Kino für das beste Drehbuch, der Film den One-Future-Preis. Ab 12.08.21 im Kino anschauen!
Monday um Zehn kommt der Polnische Reinigungsmann Richart zu Helga, die beim Fangen einer Spinne in den Boden ihres schicken Hauses gekracht ist. Er erweist sich als humorvoller, liebenswerter Mensch, aber darf sie sich in ihn verlieben? Herzerfrischend erzählt Regisseurin Mareille Klein diese ungewöhnliche Geschichte und gewann den Regie- und Drehbuchpreis der internatinalen Filmkritik
Der hochdotierte ARRI/Osram Award im Wettbewerb CineMasters ging an Dominik Moll für DIE VERSCHWUNDENE, den CineVision Award für den besten internationalen Nachwuchsfilm erhielt Philippe Lacôte für LA NUIT DES ROIS, eine Koproduktion von der Elfenbeinküste mit Frankreich, Kanada und dem Senegal. Den Bayern2 und SZ Publikumspreis gewann TRANS – I GOT LIFE von Imogen Kimmel und Doris Metz. Bereits am Freitag wurden deutsche Nachwuchstalente mit dem begehrten Förderpreis Neues Deutsches Kino ausgezeichnet. Der Preis für die Beste Regie ging an Nikias Chryssos für seinen Film A PURE PLACE, der Produzentenpreis ging an Miriam Düssel für MEIN SOHN und Schauspieler Martin Rohde wurde für seine darstellerische Leistung in HEIKOS WELT geehrt, der behauptete, er sei kein Schauspieler.
25500 Besucher trotzten dem Wetter, weil sie wieder live Kino erleben wollten. Da können wir alle nur auf volle Kinos ohne Maskenzwang und internationale Filmemacher beim Filmfest München 2022 hoffen!