Herz-zerreißende Filme, Sternstunden mit Antonio & die Kinokarten-Odyssee

Über 30 Grad war die perfekte Temperatur, um sich bei tollen Filmen auf dem 37. Filmfest München in den Kinos abzukühlen. Anschließend oder zwischendurch tauchte die Frage auf, welcher Empfang oder welche Party eignet sich am besten zum kommunikativen Austausch? Bei 150 Rahmenveranstaltungen fiel die Wahl schwer. Mein Vorschlag, im nächsten Jahr statt in Schweiß, in der Isar zu baden und die Empfänge dorthin zu verlegen, kam bei den Gästen gut an.

Zu den schönsten gehörte die 100 Jahr-Feier der Bavaria Film. Nach dramaturgisch gesehen eher langwierigen Ansprachen in der neu-getauften Wolfgang Peterson-Halle enspannten sich die Gäste in den Garten-Lounges und genossen leckere Gourmetgenüsse. Am meisten faszinierten mich die Bilder der weltberühmten Schauspieler und Regisseure wie Billie Wilder, Kirk Douglas, , Gregory Peck und Robert Redford, die hier gedreht hatten.  Steve McQueen sauste mit dem Motorrad durch´s Gelände, Liza Minelli stand für „Cabaret“ vor der Kamera. Die beste Party zum Abtanzen war natürlich die Something Stupid Party von Christian Becker`s Ratpack Film in den Eisbachstudios.

Corinna Harfouch als Lara und Tom Schilling als ihr Sohn

Fast jeden Tag wurde ein Preis verliehen, der höchstdotierte war der Förderpreis Neues Deutsches Kino für die beste Regie. Über 30000 €  für „Lara“   freute sich Jan-Ole Gerster. Die wunderbare Corinna Harfouch spielt die schwierige Lara, Tom Schilling ihren Sohn, der als Pianist den Erfolg hat, den sie selbst gerne gehabt hätte. Lara kommt am 7.11.19 in die Kinos. Er bekam auch den Fipresci-Preis.

Olgulcan Arman Uslu und Anne Ratte-Polle aus „Es gilt das gesprochene Wort“

Olgulcan Arman Uslu überzeugte die Jury mit in „Es gilt das gesprochene Wort„, wofür er den Schauspielpreis erhielt. Nils Mohl und Ilka Catak erhielten den Drehbuchpreis für denselben, etwas merkwürdigen Film mit einem XY-ungelöstem Ende.  Am 1.08.19 ist er im Kino zu sehen.

Produzent Martin Lischke verriet bei der Preiseverleihung für seinen Film „Leif in Concert“ über den Mikrokosmos in einer multikulturellen Kneipe, das er mit den 20000 € erstmal seine Produktions-Schulden abzahlen wird.

Bacurau

A Vida invisivel de Euridice Gusmao“, ein wundervoller, Herz-zerreißender Film aus Brasilien über zwei unterschiedliche, sich sehr nahestehenden Schwestern, die sich nicht wiedersehen können, da ihr Vater und der Ehemann einer Schwester dies verhindert, verdiente sich den neu-erfundenen Co-Produzenten-Preis. Er ging an Michael Weber und Fiona Füge. Der Arri-Osram-Award ging an den erschreckenden Film „Bacurau“ von Kleber Mendonza Filho und Juliano Dornelles, der von einem Dorf in der Zukunft spielt, das von einer rassistischen Bande überfallen wird; eine Allegorie auf das aktuelle Geschehen in der Welt.

Dokumentarfilmerin Waad Al Kateab

Cannes-und BAFDA Sieger „For Sama„, von Waad al-Kateab and Edward Watts, eine absolut sehenswerte Dokumentation über die furchtbare Realität in Syriens Krieg, wählten die Zuschauer trotz Szenen, bei denen einem das Herz stehen zu bleiben droht, zu ihrem Bayern 2 und SZ-Publikumspreis. Das hat Klasse und ist sehr empfehlenswert! „Für Sama“ kommt im März in die Deutschen Kinos und ist für den Oscar als bester Dokumentsarfilm nominiert!

Antonio Banderas bezauberte alle in der Black Box mit seinem selbstironischen Humor und Charme. Er erzählte, wie ihn Pedro Almodovar im Theater ansprach, weil er ein romantisches Gesicht habe. Er mag alle seine Filme, sie sind wie seine Kinder, manchmal gewinnt man, manchmal verliert man, wie Pain & Glory, sein neuester Film von Pedro Almodovar. Selfie-Schießen gehört für ihn in eine Welt narzisstischer Zombies.

70000 Zuschauer fanden dieses Jahr in die Filmfestkinos, 10000 weniger als im letzten Jahr. Ob das wohl an der umständlichen, nur gelegentlich funktionierenden Kartenbeschaffung per Internet lag?

Wenig Laune brachte es akkreditierten Fachbesuchern, erst im City-Kino die Pressevorführungen anzuschauen, anschließend in den Gasteig tigern zu müssen, um weitere Karten zu bekommen und gegebenenfalls weiter in´s nächste Kino zu radeln.  So war nicht nur ich mehr auf dem Fahrrad unterwegs als im Kino; wenn ich 5 Minuten zu spät dran war, auch vergeblich. Ob es 2020 besser wird? Warten wir´s ab…

 

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